Digitale Schnittstellen in der Praxis

Wie in allen digitalen Prozessen bedarf es bei der Nutzung verschiedener Anwendungen Schnittstellen, die eine Datenübertragung ermöglichen. Im Bauwesen wird die Planung schrittweise digitalisiert. Der Holzbau ist hier seit Jahrzehnten Vorreiter. Begonnen hat die Digitalisierung mit Abbundprogrammen, wie etwa dem „Hundegger Abbund Computer“ im Jahr 1980. Marktreif war das Programm mit der dazugehörigen Abbundmaschine P8 im Jahr 1985. Weitere Firmen befassten sich mit dem Thema computergestützter Holzbauplanung, wie z.B. S+S Datentechnik ab 1986. Heute gibt es sehr viele Abbundprogramme, die eine Planung in 3D ermöglichen und die verschiedensten Zuschnittmaschinen ansteuern.

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Schon im Jahr 1963 wurde am MIT Sketchpad entwickelt, was das erste CAD-Programm überhaupt darstellt und wegweisend war für die Entwicklung von grafischen Benutzeroberflächen und der Verwendung von Computern zur Erstellung von technischen Zeichnungen und Modellen. In den 70er Jahren wurden Konzepte beschrieben, die heute Grundlage von BIM sind. In den USA fordert das General Services Administration seit 2003 BIM für alle öffentlichen Bauprojekte, in Deutschland gilt dies seit 2020, allerdings nur für neu zu planende Verkehrsprojekte.

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Die vielfältigen Aufgaben bei der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Gebäuden werden heute durch Computeranwendungen unterstützt. Möchte man erstellte Pläne mit weiteren Daten versehen und diese mithilfe unterschiedlicher Software be- und verarbeiten, so sind alle Bearbeitenden auf entsprechende Schnittstellen und Datenformate angewiesen, die einen Austausch der Informationen ermöglichen. Softwarehersteller bieten Datenformate an, die aber häufig zum Austausch in der eigenen Softwarewelt dienen. Es braucht jedoch offene Formate, um ein Übertragen von Informationen möglichst genau und ohne Verluste zu gewährleisten.

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Folgend werden ausgewählte Dateiformate kurz vorgestellt:

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Portable Document Format PDF ist ein universelles Dateiformat, ursprünglich von Adobe entwickelt und ermöglicht zuverlässig die hard- und softwareunabhängige Darstellung von Dokumenten. Diese können Text, Ton, Bild, Video, Links, Formulare und 2D-Grafiken enthalten. Handelt es sich um vektorisierte PDFs sind Text und Grafik in einem Vektorformat und können in jede Größe skaliert werden, was den maßstabsgerechten Import ermöglicht. Vektorisierte PDFs haben kleinere Dateigrößen, was vorteilhaft beim Speichern und Bearbeiten ist.

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Industry Foundation Class IFC ist ein offenes neutrales Format und unabhängig von spezifischer Software. Die Dateien enthalten umfassende Informationen wie Geometrie als 3D, Materialien, Bauteile, Beziehungen und mehr und werden zum Austausch und zur Speicherung von Informationen über Gebäude und Infrastruktur genutzt.

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Drawing DWG ist ein proprietäres binäres Dateiformat von Autodesk. Die Dateien enthalten 2D- oder 3D-Zeichnungen, Bilder und Layerinformationen. Sie sind ideal für den Austausch von Zeichnungen innerhalb der Autodesk Softwarefamilie und in vielen Branchen als Standard anerkannt, weil eine Vielzahl von CAD-Programmen DWG unterstützt.

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Drawing Exchange Format DXF ist ein Open Source textbasiertes Dateiformat, wurde aber auch von Autodesk entwickelt. DXF-Dateien enthalten nur geometrische Informationen, 2D oder 3D, keine Schrift oder Bilder.

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Eine RVT-Datei ist das native Dateiformat für Autodesk Revit, ein weit verbreitetes BIM (Building Information Modeling) Software-Tool. RVT-Dateien sind speziell für die Erstellung und Verwaltung von digitalen Modellen von Bauprojekten konzipiert. RVT-Dateien enthalten umfangreiche Daten, die nicht nur die 3D-Geometrie eines Gebäudes darstellen, sondern auch Informationen zu Materialien, Bauphasen, Kostenschätzungen, Energieanalysen und vielem mehr. Dies ermöglicht eine umfassende Modellierung und Verwaltung des gesamten Lebenszyklus eines Bauprojekts.

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Eine E57-Datei ist ein offenes Format zur Speicherung und zum Austausch von Punktwolken aus 3D-Laserscannings und zugehörigen Metadaten. Es wird häufig in der Vermessung, Archäologie, Architektur und im Ingenieurwesen verwendet. Eine Datei enthält meist Punktwolken aus mehreren Scans, die übereinander gelegt werden. Die Bedienung erfordert spezielles Fachwissen.

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BearbeitungsVorlagenNorm BVN ist ein spezifisches Dateiformat, das in der Holzbauindustrie verwendet wird, insbesondere für die Steuerung von Abbundmaschinen. Die Dateien werden von CAD-Software generiert und dann in die Maschinensteuerung eingelesen. BVN ist ein standardisiertes Format, das von verschiedenen Herstellern von Abbundmaschinen unterstützt wird. Dies erleichtert den Austausch von Daten zwischen unterschiedlichen Systemen und Maschinen. Durch die standardisierte und detaillierte Beschreibung der Bearbeitungsschritte in einer BVN-Datei wird eine hohe Genauigkeit und Konsistenz in der Herstellung von Holzbauteilen gewährleistet. BVN-Dateien sind ein wesentlicher Bestandteil der modernen Holzbearbeitungstechnologie und spielen eine entscheidende Rolle bei der Automatisie

rung und Verbesserung der Produktionsprozesse.

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BearbeitungsVorlagenXtendet BVX ist eine erweiterte Version des BVN-Formats, die zusätzliche Funktionen und optimierte Datenstrukturen enthalten können. Sie bieten erweiterte Möglichkeiten zur Beschreibung der Bearbeitungsschritte und sind ebenfalls für die Steuerung von Abbundmaschinen gedacht.

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Work Unit Program WUP sind spezifische Dateiformate, die im Kontext von ABB-Robotern (Asea Brown Boveri Roboter) und deren Programmen verwendet werden. WUP-Dateien enthalten die Anweisungen und Daten, die erforderlich sind, um die Bewegungen und Operationen eines Roboters zu definieren und auszuführen.

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Building Transfer Language BTL ist ein spezielles Dateiformat, das in der Bauindustrie, insbesondere im Holzbau, verwendet wird. Es dient als Standardformat für den Datenaustausch zwischen verschiedenen CAD-Programmen und Maschinensteuerungen. Dies erleichtert die Interoperabilität und Kompatibilität zwischen unterschiedlichen Systemen und Softwarelösungen im Bauwesen. Eine BTL-Datei enthält detaillierte Informationen über die Konstruktion und Bearbeitung von Bauteilen. Dazu gehören geometrische Daten, Materialinformationen, Bearbeitungsanweisungen (z.B. Schnitte, Bohrungen, Fräsungen), Verbindungsdetails und Montageanweisungen.

Soll in Zukunft integral geplant werden und BIM Anwendung finden, so nimmt die Wichtigkeit funktionierender Schnittstellen deutlich zu. Bei Prause haben wir eine firmeninterne Umfrage durchgeführt, um so die Importe und Exporte von Daten näher zu betrachten. Die Programme, die wir intern nutzen und die von den Kund*innen gewünschten Ausgabeformate, zeigen nur einen kleinen Teil der möglichen Varianten. Dennoch wird deutlich, dass speziell an den Übergängen von Ingenieur*innen zu Arbeitsvorbereiter*innen und wieder zurück nicht alles einfach und reibungslos abläuft. Auch die Disziplinen Schallschutz, Wärmeschutz, Brandschutz und Statik werden in unterschiedlichen Anwendungen erstellt, was zu Herausforderungen bei der Aktualität des Planstandes in allen Programmen führt.

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Wir haben unsere Mitarbeiter*innen befragt, wie oft und wie erfolgreich sie mit den intern genutzten Datenformaten arbeiten und wie gut die Schnittstellen funktionieren.

Bei Prause Holzbauplanung arbeiten rund 35 Mitarbeiter*innen, die in der Tragwerksplanung, Bauphysik, Aufmaß und Arbeitsvorbereitung verschiedene Softwareanwendungen nutzen und auf einen Datenaustausch über Schnittstellen verschiedener Dateiformate angewiesen sind. Bei den von uns am häufigsten genutzten Dateiformaten wird deutlich, dass die digitalen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft werden. Sehr häufig genutzt sind PDFs, die aber weitestgehend nur Textinformationen transportieren und kaum Möglichkeiten bieten Pläne weiter zu verarbeiten. Alle Bereiche arbeiten im 3D-Modell, welches so in jedem Programm neu aufgebaut werden muss. Es wird also Leistung doppelt erbracht, die mit der Übertragung durch andere Formate weiter genutzt werden könnte. Was die Qualität der Dateien anbelangt, so funktionieren die einfachsten Formate am besten. Dies überrascht nicht, denn da werden vergleichsweise wenig Informationen übertragen und viele Schritte müssen zu Fuß gegangen werden. Je umfangreicher die Informationen werden, die über ein Datenformat transportiert werden können, desto mehr Verantwortung trägt auch der Sender zur Richtigkeit aller übermittelten Informationen und desto genauer und einheitlicher sollten alle Planenden in ihrer Software Eingaben vornehmen. Wichtig hierbei ist, dass die Modelle Struktur haben und alle Bauteile entsprechenden Layern zugeordnet sind. Es sollten nur die Daten weitergeleitet werden, die vom Empfänger gefordert sind, um effizient arbeiten zu können. In der Arbeitsvorbereitung ist es sehr wichtig, dass Maße korrekt gezeichnet sind, was in einem PDF nicht so wichtig ist, dort lassen sich Maße auch in der Maßkette ändern, ohne die Zeichnung zu bearbeiten. Auch die Winkel spielen eine wichtige Rolle: 90 Grad müssen zur Nutzung der Datei für eine Maschinenansteuerung auch exakt 90 Grad sein.

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Was muss sich also verändern, um der Digitalisierung Vorschub zu geben und die Möglichkeiten umfänglich auszuschöpfen? Die Dateiformate und die Schnittstellen der Softwareanwendungen funktionieren im Großen und Ganzen schon sehr zuverlässig. Einige Programme bestimmter Gebiete hängen mehr hinterher in ihrer Entwicklung als andere, wobei festgestellt werden kann, dass die Arbeitsvorbereitung einen Vorsprung gegenüber Ingenieur*innen und ihrer genutzten Software hat. Dies liegt wahrscheinlich auch an der Entwicklungszeit. Klassische 3D-Programme zur Holzbauplanung gibt es schon seit Jahrzehnten, wobei die Bauphysik noch nicht so lange am 3D-Modell erarbeitet wird. Die Anforderung an die Softwarehersteller ist ganz klar: Eine Optimierung der Schnittstellen hin zu offenen Formaten wie beispielsweise IFC. Einfacher, zuverlässiger Import und Export von Daten. Stetige Weiterentwicklung zur Förderung digitaler Planungsprozesse.

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Die Herausforderungen liegen aber auch in den organisatorischen Prozessen, in den Absprachen der Planenden untereinander und der Vielfältigkeit der Vorgehensweisen. Je organisierter die Planungsprozesse sind und je mehr sie abzielen auf „durchgängig digital“, desto einfacher ist die Handhabung der Daten und desto genauer sind die Ergebnisse. Es gibt erhebliches Einsparpotential, welches in der Zukunft genutzt werden sollte. Bei uns, in der Planung und im Holzbau allgemein.

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Qualitätssicherung in der Holzbauplanung

Der ingenieurmäßige Holzbau ist eine relativ junge Disziplin. Der Kreis der erfahrenen Architekt*innen und Planer*innen ist im Vergleich zu anderen Bereichen des Bauens klein. Um den Holzbau als zukunftsweisende, wirtschaftliche und nachhaltige Bauweise im Bauwesen zu verankern, müssen Qualitätsstandards eingehalten und Negativerfahrungen durch Bauschäden und Baumängel an Holzbauten durch eine sach- und fachgerechte Holzbauplanung und Ausführung vermieden werden.

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Arbeitsvorbereitung - vielfältige Aufgaben

Ein*e Arbeitsvorbereiter*in im Bauwesen spielt eine entscheidende Rolle, indem sie sicherstellt, dass alle notwendigen Bedingungen erfüllt sind, um Bauprojekte effizient und erfolgreich durchzuführen. Diese Position erfordert eine Mischung aus technischem Verständnis, Planungskompetenz und Organisationsfähigkeit. Ein*e Arbeitsvorbereiter*in kann je nach Arbeitgeber*in verschiedene Bereiche abdecken.

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