Qualitätssicherung im Holzbau: Notwendigkeit, Nutzen und Perspektiven

Der moderne Holzbau boomt. Immer mehr Bauherren entscheiden sich für diesen Baustoff, weil er nachhaltig, effizient und architektonisch vielseitig ist. Doch genau diese Vorteile können sich ins Gegenteil verkehren, wenn die Qualität nicht stimmt. Feuchtigkeitsschäden, unzureichende Luftdichtheit oder unklare Schnittstellen zwischen Gewerken gehören zu den häufigsten Ursachen von Bauschäden. Anders als im Massivbau lassen sich solche Probleme im Holzbau oft nicht mehr auf der Baustelle beheben, da die meisten Bauteile vorgefertigt und damit nur schwer korrigierbar sind.

Deshalb gilt im Holzbau mehr noch als in anderen Bauweisen: Qualität entsteht in der Planung und sie muss konsequent gesichert werden. Während Gütesiegel und interne Produktionskontrollen Mindeststandards gewährleisten, eröffnet die externe Qualitätssicherung durch unabhängige Fachleute eine neue Ebene: Sie begleitet das Bauvorhaben von der ersten Idee bis zur Montage und schafft Sicherheit für alle Beteiligten.

Planung der Planung! Warum Holzbau eine andere Herangehensweise erfordert

Ein wesentliches Merkmal des Holzbaus ist, dass die Weichen bereits in den frühen Planungsphasen gestellt werden. Was im Massivbau oft noch in späten Leistungsphasen nachjustiert werden kann, muss hier von Beginn an bedacht sein. Der Grund liegt in der industriellen Vorfertigung: Wände, Decken oder Module verlassen das Werk weitgehend fertiggestellt, inklusive Dämmung, Fenstern und Installationsschächten. Fehler, die in dieser Phase unentdeckt bleiben, lassen sich später kaum korrigieren.

Die Forschung bestätigt dies eindrucksvoll. Winter und Kuhlmann (TU München, 2019) weisen darauf hin, dass Holzbauprojekte eine bis zu 40 % höhere Planungsintensität in den frühen Leistungsphasen erfordern. Rizzon und Steiger (ETH Zürich, 2021) zeigen zudem, dass Projekte mit integraler Planung, bei der Architekten, Tragwerksplaner, TGA-Ingenieure und Holzbauunternehmen von Anfang an zusammenarbeiten, deutlich effizienter verlaufen als klassisch sequenziell geplante Bauvorhaben. Der Holzbau zwingt also zur „Planung der Planung“ und das ist keine Schwäche, sondern eine Stärke.

Reicht ein Gütesiegel nicht aus?

Viele Holzbauunternehmen sind Mitglied in der Gütegemeinschaft Holzbau - Ausbau - Dachbau e.V. und tragen das RAL-Gütezeichen. Auch CE-Kennzeichnungen nach den einschlägigen europäischen Normen (z. B. EN 14080 für Brettschichtholz) oder Nachhaltigkeitssiegel wie FSC und PEFC sind weit verbreitet. Diese Siegel sind wichtig, weil sie dokumentieren, dass Produktionslinien bestimmte Standards einhalten.

Doch damit ist längst nicht alles abgedeckt. Denn Zertifikate überprüfen standardisierte Abläufe, nicht die projektspezifischen Besonderheiten. Die TU Braunschweig (2020) konnte zeigen, dass über 60 % der Schäden im Holzbau nicht auf mangelnde Zertifizierung, sondern auf unzureichende Detailplanung und Schnittstellenprobleme zurückzuführen sind. Auch die Baustelle selbst liegt meist außerhalb des Prüfrahmens; wie ein Bauteil angeliefert, gelagert oder montiert wird, entscheidet aber maßgeblich über seine Dauerhaftigkeit.

Externe Qualitätssicherung setzt genau hier an: Sie schließt die Lücken zwischen den allgemeinen Standards und den Anforderungen eines konkreten Projekts.

Externe Qualitätssicherung ist mehr als Kontrolle

Ein externer Qualitätssicherer versteht sich nicht als verlängerter Arm der Bauleitung, sondern als unabhängiges „zweites Augenpaar“. Seine Aufgabe ist es, kritisch, aber konstruktiv zu prüfen: Ist die Planung wirklich holzbaugerecht? Werden die Bauteile im Werk so produziert, wie es die Unterlagen vorsehen? Und erfolgt die Montage unter Bedingungen, die Schäden zuverlässig vermeiden?

In der Praxis bedeutet das: schon während der Entwurfsphase werden Raster, Modulgrößen und bauphysikalische Konzepte auf ihre Tauglichkeit hin untersucht. In der Produktion erfolgen stichprobenartige Kontrollen der Holzfeuchte oder Abnahmen von Wandelementen, bevor diese verschlossen werden. Auf der Baustelle wiederum achtet der Qualitätssicherer auf den Witterungsschutz, überprüft Anschlüsse im Sockelbereich, Schallschutz fachgemäß umgesetzt ist, oder dokumentiert, ob die vorgesehene Montagefolge eingehalten wird und Brandschutzrelevante Bauteile vorschriftsmäßig verbaut werden.

Damit ergänzt die externe Qualitätssicherung die Gütesiegel sinnvoll: Während diese allgemeine Standards absichern, sorgt der externe Blick dafür, dass ein Bauwerk tatsächlich so entsteht, wie es geplant wurde. Durchgängig und zugeschnitten auf die Anforderungen im Einzelfall.

Fachliche Basis und rechtliche Rahmenbedingungen

Da die Rolle des Qualitätssicherers im Holzbau rechtlich nicht eindeutig definiert ist, stellt sich die Frage: Wer ist dafür überhaupt qualifiziert? Grundsätzlich gilt: Ein Qualitätssicherer sollte ein solides Fundament aus Ausbildung, Weiterbildung und praktischer Erfahrung mitbringen. Bauingenieure oder Holzbauingenieure, aber auch Zimmermeister und Holztechniker mit zusätzlicher Sachverständigenausbildung, sind hier besonders geeignet.

Nachgewiesen wird Fachkunde häufig über Zertifikate (DGNB-Auditor, TÜV-Schulungen), über Mitgliedschaften in Fachverbänden oder über die Bestellung als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger. Rechtlich bewegt sich die Tätigkeit im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen (§§ 611, 631 BGB). Damit die Rolle klar abgegrenzt bleibt, empfiehlt es sich, den Leistungsumfang präzise zu definieren und Haftungsfragen eindeutig zu regeln. Unerlässlich ist außerdem eine Berufshaftpflicht- und Vermögensschadenversicherung.

Wirtschaftliche und soziale Dimensionen

Natürlich bedeutet der Holzbau zunächst einmal: mehr Aufwand in der Planung. Die TH Rosenheim (2018) hat berechnet, dass die frühe Planungsphase etwa 20–30 % mehr Zeit und Kosten beansprucht. Doch gleichzeitig verkürzt sich die Bauzeit um bis zu 25 %, und die Zahl der Nachträge sinkt um rund die Hälfte. Die ETH Zürich (2021) beziffert den Effekt so, dass sich die Gesamtkosten im Mittel um bis zu 15 Prozent reduzieren können.

Doch nicht nur die Zahlen sprechen für diesen Ansatz. Auch die Art und Weise, wie Holzbau geplant wird, verändert die Kultur auf den Baustellen. Die Universität Kassel (2020) beschreibt den Holzbau als „inklusiveres Planungsmodell“, das weniger Konflikte zwischen Gewerken hervorruft. Durch die frühe Zusammenarbeit wissen alle Beteiligten frühzeitig, welche Aufgaben auf sie zukommen – das schafft Transparenz und Fairness. Für Bauherren bedeutet das: mehr Kostensicherheit, mehr Planbarkeit und am Ende weniger Streit.

Der Holzbau verlangt von allen Beteiligten ein Umdenken: Mehr Planung im Vorfeld, mehr Koordination und mehr Dokumentation. Doch der wissenschaftliche und praktische Befund ist eindeutig: Dieser Aufwand ist gerechtfertigt, weil er zu geringeren Kosten, kürzeren Bauzeiten und einer höheren Qualität führt. Externe Qualitätssicherung verstärkt diesen Effekt, indem sie die Lücken zwischen Standardzertifizierung und Projektrealität schließt.

Für Bauherren bedeutet das Sicherheit, für Planer und Holzbauunternehmen bedeutet es weniger Konflikte und für die Gesellschaft insgesamt ein stabiles Fundament, damit der Holzbau seinen Beitrag zur Bauwende leisten kann.

Quellen

  • DIN EN 1995-1-1: Eurocode 5 – Bemessung und Konstruktion von Holzbauwerken.

  • DIN 68800: Holzschutz.

  • DIN 4108-3: Wärmeschutz und Energieeinsparung im Hochbau – Schutz gegen Feuchte.

  • DIN 18334 VOB/C: Zimmer- und Holzbauarbeiten.

  • Gebäudeenergiegesetz (GEG), 2020.

  • Winter, S., & Kuhlmann, U. (2019).

    Planungstiefe im modernen Holzbau

    . TU München.

  • Rizzon, E., & Steiger, R. (2021).

    Integrated planning in timber construction: efficiency and risks

    . ETH Zürich.

  • TU Braunschweig, iBMB (2020).

    Schadensanalyse Holzbau – Ursachen und Prävention

    .

  • TH Rosenheim (2018).

    Wirtschaftlichkeit integraler Planung im Holzbau

    .

  • Fraunhofer WKI (2017).

    Feuchteeinfluss auf die Dauerhaftigkeit von Holzbauteilen

    .

  • Universität Kassel (2020).

    Kooperation und Konflikt im Bauwesen: Der Holzbau als Katalysator

    .

  • Holzbau Deutschland Institut (2019).

    Produktionsqualität und Fehlerquoten im modernen Holzbau

    .

  • Lignum (2018).

    Merkblatt Witterungsschutz im Holzbau

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Der Bausektor steht im Zentrum der Klimadebatte – er ist für rund 40 % der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich. Angesichts knapper werdender Ressourcen, steigender Energiekosten und politischer Zielvorgaben ist ein Umdenken notwendig. Der moderne Holzbau zeigt, dass Klimaschutz und wirtschaftliches Bauen sich nicht ausschließen. Im Gegenteil: Holz ist als nachwachsender Baustoff ein zentrales Element der Bauwende – wenn er richtig eingesetzt wird.

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