Strategien für nachhaltigen Witterungsschutz im Holzbau

Teil 2

Die witterungsgeschützte Übergabe von Holzbauprojekten an Bauherren gilt meist als Maßstab für Qualität und Nachhaltigkeit. Wie steht es um aktuelle Strategien zur Realisierung eines professionellen Schutzkonzepts? Ein Überblick zu Planungstools, baustellentauglichen Lösungen, Kostenverteilung und Regeldokumente.

Aufbau eines professionellen Schutzkonzepts

Ein effektives Witterungsschutzkonzept beginnt bei der Risikoanalyse und endet mit der Nachkontrolle. Es umfasst folgende Ebenen:

  1. Planungsebene: Einsatz von Tools wie WUFI Pro oder Delphin zur Simulation hygrothermischer Belastungen. In cadwork kann mittels Planungserweiterung jedes Bauteil mit Feuchtesensitivitätsattributen belegt werden – die Schnittstelle zu Wetterdaten ermöglicht eine vorausschauende Taktung.

  2. Organisatorische Ebene: Definition klarer Zuständigkeiten. Ein „Witterungsschutzverantwortlicher“ im Bauzeitteam kann analog zum Sicherheitsbeauftragten fungieren. Digitale Tools wie PlanRadar oder Capmo ermöglichen die laufende Dokumentation und Nachverfolgbarkeit von Maßnahmen.

  3. Ausführungsebene: Anwendung mobiler Schutzdächer (z. B. fahrbare Layher-Wetterschutzdächer) oder selbstklebender Systemfolien (z. B. SOLITEX ADHERO von Pro Clima. Letztere erfüllen DIN- und SIA-Anforderungen und gelten als wirtschaftliche Alternative zu Vollüberdachungen).

Marktstrategien und Akzeptanzbarrieren

Ein wesentliches Hindernis bei der flächendeckenden Anwendung liegt in der Kostenfrage. Schutzmaßnahmen gelten oft als „Sonderleistung“. Die Zuweisung der Verantwortung bleibt häufig ungeklärt: Architekt? Generalunternehmer? Holzbaubetrieb?

Ein Interview mit Dipl.-Ing. Daniel Kehl (holz[bau]physik) im Rahmen des Forschungsprojekts HolzQS verdeutlicht:

„Wenn Schutzmaßnahmen nicht Bestandteil der Ausschreibung sind, werden sie in der Praxis oft gekürzt. Wer später zahlt, ist meist der, der nichts dafür kann: der Holzbaubetrieb.“ (HolzQS-Fachgespräch, 2024)

Ansätze zur Marktintegration umfassen daher:

  • Aufnahme in LV-Positionen („Temporärer Feuchteschutz gemäß DIN 68800-2 und IDH Merkblatt 2025“)

  • Schulung von Bauherren und Planenden zu Risiken und Haftung

  • Förderprogramme der Länder (z. B. Klima-Bonus Bayern: Witterungsschutz als CO₂-Vermeidung)

Qualitätssicherung und Weiterentwicklung

Ein professionelles Schutzkonzept muss kontrollierbar sein. Hierfür bieten sich an:

  • Sensorik: RFID-Feuchte-Logger wie „Drytrace“ von Proclima oder cloudgestützte Systeme von Testo.

  • Checklisten und Leitfäden: Die „Checkliste Witterungsschutzplanung“ (ZVDH & Lignum) oder das „Merkblatt Feuchteschutz Holzbau 2023“ von Holzbau Deutschland sind strukturierte Werkzeuge für die Praxis.

Zudem soll laut IDH-Merkblatt (Entwurf 2025):

„Die Qualität des Witterungsschutzes anhand objektbezogener Indikatoren wie Feuchtegradienten, Trocknungszeiten und Schadenserfassung dokumentiert werden.“ (IDH-Arbeitskreis, Entwurfsfassung März 2025)

Nachhaltigkeit: Pro & Contra

Ein professionelles Witterungsschutzkonzept verursacht zunächst höhere Planungs- und Materialkosten. Doch langfristig profitieren:

  • Bauherr:innen: weniger Mängel, längere Lebensdauer, geringerer CO₂-Fußabdruck (kein feuchtebedingter Rückbau).

  • Planende: geringere Haftungsrisiken, sicherere Bauzeiten.

  • Ausführende: klarere Verantwortungsverteilung, weniger Nachbesserungen.

Gegenstimmen argumentieren mit „Überregulierung“ und praxisferner Bürokratie. Prof. Dr. Timo Leukefeld (TH Rosenheim) hält dagegen:

„Wir geben Hunderttausende für Brandschutz aus, obwohl kein Gebäude je brennt. Aber wir sparen am Feuchteschutz, obwohl jedes Gebäude nass wird.“ (Fachkongress Holzbau, Salzburg 2024)

Witterungsschutz ist keine Zusatzleistung, sondern Fundament nachhaltiger Holzbauqualität. Ein marktgängiges Schutzkonzept muss planbar, bezahlbar und kontrollierbar sein – und darf nicht dem Zufall überlassen werden. Die künftige Herausforderung liegt weniger in der Technik als im Willen, bestehendes Wissen in die Fläche zu bringen.

Literatur & Quellen:

  • HolzQS-Projektunterlagen (TU Braunschweig, 2023–2026)

  • IDH-Merkblatt Witterungsschutz 2025 (Entwurf, Stand 03/2025)

  • Prof. Timo Leukefeld, Vortrag Fachkongress Holzbau Salzburg 2024

  • ZVDH/Lignum: Checkliste Witterungsschutzplanung (2023)

  • Holzbau Deutschland: Merkblatt Feuchteschutz Holzbau 2023

  • WUFI Pro – Softwaredokumentation (Fraunhofer IBP)

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